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Können Kindern trauern und wie soll ich mit meinem Kind umgehen?

Aktualisiert: 10. Apr. 2021


 

Inhalt

  1. Trauer als Kind

  2. Hilfe für trauernde Kinder

  3. Übung Erinnerungsbuch

  4. Übung Sorgenkästchen

  5. Trauergespräch mit Kindern

  6. Trauer in der Jugend

  7. Was ist Dein Weg in der Trauer?

  8. Bücherempfehlungen

 


TRAUER ALS KIND

Der Tod eines Elternteils wird als das einschneidendste und tragischste Ereignis im Leben eines Kindes angesehen. Als Kind trauere ich um alle Bedürfnisse, die nicht mehr erfüllt werden, um alle Träume und Pläne, die ich mit der Person hatte und die nun verpuffen, um all meine Hoffnungen, die mit meiner Mutter oder meinem Vater im Zusammenhang standen.


In der Psychologie herrscht ein wenig Uneinigkeit darüber, ob ein Kind trauern kann oder ob diese Fähigkeit erst mit einem bestimmten emotionalen und intellektuellen Reifungsprozess entstehen kann. Im Allgemeinen geht man davon aus, dass Kinder unter fünf Jahren Verlustschmerz erleben können, aber noch kein klares Verständnis vom Tod vorliegt. Dieses Verständnis setzt voraus:

  1. Der Tod besteht für immer.

  2. Im Tod geschieht die Umwandlung von lebendig zu nicht lebendig.

  3. Der Tod ist unwiderruflich.

  4. Die biologischen Ursachen werden verstanden.

  5. Der Tod betrifft irgendwann alle Menschen.

Kinder zwischen 2 und 5 Jahren sehen den Tod als eine Art Schlaf, indem der Tote weiterhin atmet, lebt und irgendwann zurückkommt.


Kinder zwischen 6 und 9 Jahren erkennen den Tod als endgültige Tatsache. Trauergefühle kommen auf und besonders Ängste und Schuldgefühle können sich in aggressiven und aufsässigen Verhalten zeigen.


Kinder zwischen 10 und 12 Jahren verstehen die Endgültigkeit des Todes und werden sich über die Tragweite für ihre Familie und sich selbst bewusst. Sie verstehen nun, dass sie selbst einmal sterben werden. Trauergefühle sind definitiv vorhanden, werden aber oftmals weggedrückt um vor Freunden nicht als schwach dazustehen.



HILFE FÜR TRAUERNDE KINDER

Für Kinder gibt es vier wichtige Hilfestellungen, die man als hinterbleibender Elternteil berücksichtigen kann, um seine eigenen Kinder in dieser schweren Zeit zu unterstützen.


Die erste Hilfestellung ist, das Kind darin zu unterstützen den Verlust zu realisieren. Dies geschieht durch eine altersgerechte Sprache und vor allem Ehrlichkeit: nichts beschönigen, nichts leugnen und das Kind mit allen nötigen Informationen versorgen. Dies gilt auch für die Todesursache und was nach dem Tod mit seinem Vater oder seiner Mutter geschieht. Wissen Kinder nicht genau was vor sich geht, entwickeln sie Bilder, die oft beängstigender sind als die Realität. Für trauernde Kinder ist es eine Wohltat, wenn sie ihre Fragen stellen können und auch merken, dass es auf manche Fragen keine Antwort gibt. Wichtig ist, dem Kind zu ermöglichen, sich zu verabschieden, im besten Falle, wenn die Person noch lebt. Ist der Todesfall schon eingetreten kann das Kind entscheiden, ob es einen letzten Blick auf den Toten werfen möchte oder nicht. Beides ist vom hinterbliebenen Elternteil zu akzeptieren und Zwang in die eine oder andere Richtung sollte an dieser Stelle besser vermieden werden. Der Besuch der Trauerfeier sollte allerdings unbedingt ein Bestandteil der Verabschiedung sein, egal welches Alter das Kind hat. Dabei sollte es vorbereitet werden und wissen was auf es zukommt. Diese Auseinandersetzung mit dem Thema Sterben gibt Kindern die Chance, den Tod wirklich zu begreifen und als Teil des Lebens anzunehmen.

Um Kindern das Thema Sterben, Tod und den Umgang damit nahezubringen gibt es vom Bundesverband deutschen Bestatter ein schön gestaltetes Malbuch. Es erklärt schöne und nicht so angenehme Ereignisse im Leben und bietet Platz ein bestimmtes Szenario auszumalen.

Das Malbuch ist ab 3 Jahren geeignet und kann bei mir für 5 € per Mail bestellt werden unter: trauerbegleitung@eleni-krautz.de.


Die zweite Hilfestellung hilft Kindern beim Durchleben von Gefühlen. Dabei sollten der hinterbliebene Elternteil und das Kind möglichst gemeinsam trauern. Zeiten, in denen das Kind über das Geschehene sprechen kann mit der Zusicherung, dass es nicht schuld ist an der Krankheit oder dem Ereignis, welches zum Tod geführt hat, sind in dieser Phase besonders wichtig. Auch ist es ratsam die eigene Trauer zu zeigen. Das hilft Kindern bei der Bewältigung der eigenen Empfindungen. Da Kinder mehr in der Gegenwart leben als wir Erwachsene, sollte ihnen der Spaß am Leben zugestanden werden. Damit hat das Kind die Trauer nicht vergessen, sondern folgt nur seinen kindlichen Interessen. In der Zeit nach dem Tod eines Elternteils leben Kinder in wahren Gefühlsachterbahnen. Körperlicher Kontakt, Nähe und Zärtlichkeiten vermittelt ihnen in dieser schwierigen Situation Sicherheit und Geborgenheit.


Die dritte Hilfestellung dreht sich um das Leben lernen ohne den Verstorbenen. In dieser Phase ist es wichtig die Kontinuität im Alltag mit einem stabilen Rhythmus einzuhalten, damit die Gewissheit wachsen kann, sich wieder auf das Leben verlassen zu können. Aufgaben, die der Verstorbene früher übernommen haben, müssen nun neu aufgeteilt werden ggf. muss Hilfe von außen organisiert werden. In dieser Phase werden negative Eigenschaften vom Verstorbenen gerne verdrängt, positive Aspekte oft auf übertriebene Art und Weise hervorgehoben. Wichtig ist es hier dem Kind ein möglichst realistisches Bild vom Verstorbenen zu vermitteln.


Die vierte und letzte Hilfestellung bezieht sich auf das Eingehen von neuen Beziehungen. Wenn ein Elternteil verstorben ist, ist das Kind erst in der Lage sich auf eine neue Bezugsperson einzulassen, wenn der Verlust akzeptiert und ausreichend betrauert wurde. Wichtig sind hierbei jegliche Vorbehalte des Kindes dem neuen Partner gegenüber ernst zu nehmen und das verstorbene Elternteil weiterhin als ein Teil der Familie zu behalten.



ÜBUNG ERINNERUNGSBUCH

Das Erinnerungsbuch ist eine grossartige Übung, um den Verstorbenen im Gedächtnis zu behalten. Du brauchst dafür ein kleines Büchlein, einen Stift und ein paar Minuten Zeit jeden Tag. Jetzt schreibst Du jeden Tag eine Erinnerung in Dein Büchlein und in einem Jahr, kannst Du Dir genau am selben Tag die Erinnerung von vor einem Jahr wieder durchlesen. Was hat sich geändert? Sind Deine Erinnerungen noch genauso präsent oder sind sie schon verblasst?


Das Erinnerungsbuch eignet sich auch für die Trauerbewältigung mit Kindern. Sie können in den täglichen Gedenkminuten mitwirken und auch ihre Erinnerungen können aufgeschrieben werden.


Die Übung ist angelehnt an ein Buch, was ich gerne empfehle:

Meine Trauer wird dich finden – Ein neuer Ansatz in der Trauerarbeit von Robert Kachler







ÜBUNG SORGENKÄSTCHEN

Das Sorgenkästchen ist eine Übung, wenn kurz vor dem zu Bett gehen nochmal Gedanken auftreten, sie man nicht so leicht loswird. Für diese Übung brauchst du Papier und Stift und ein kleines Kästchen, Glas oder einen anderen Behälter. Überfluten Dich die Gedanken, so kannst Du sie auf einen Zettel schreiben und in das Kästchen sperren. Dazu kannst du innerlich zu dir sagen: „Stop, ich kümmere mich morgen um dich.“


Das Sorgenkästchen eignet sich auch für die Trauerbewältigung mit Kindern und Jugendlichen. Diese können ihre Gedanken entweder selbst aufschreiben oder sie von einem Elternteil notieren lassen.



TRAUERGESPRÄCH MIT KINDERN

Papa ist gestorben – Ein Dialog zwischen Jona (10 Jahre), Emma (5 Jahre) & Mama:


Emma: „War Papa in dem Sarg, der mit dem Auto weggefahren ist? Wohin haben sie ihn gebracht?“


Mama: „In die Leichenhalle. Da steht der Sarg so lange bis die Beerdigung ist. Das ist nächste Woche.“


Emma: „In diesem engen Sarg? Und wenn er aufwacht, wie kommt er da raus?“


Mama unter Tränen: „Papa ist tot. Der Arzt hat es festgestellt. Das ist anders als schlafen. Wir sehen ihn hier nie wieder.“


Emma: „Mama, du weinst ja. Bist du sehr traurig?“


Mama: „Ja Emma, ich bin sehr traurig, dass Papa gestorben ist.“


Emma: „Und wohin kommt Papa dann?“


Jona: „In ein großes Loch auf dem Friedhof.“


Mama: „Genau, Papa kommt in die Erde. Die Hülle des Menschen, sein Körper, löst sich auf, wenn er tot ist und wird wieder zu Erde.“


Emma: „Und Papa?“


Mama: „Das, was Papa war und das, was ihr an Papa geliebt habt, lebt weiter. Er hat euch über alles geliebt und das wird auch nie verloren gehen.“


Jona: „Und die Schmerzen sind jetzt auch weg?“


Mama: „Ja, ich glaube das Papa jetzt seinen Frieden hat.“


Emma: „Was ist Frieden?“


Mama: „Wenn man für immer keine Schmerzen mehr hat, keine Angst mehr haben muss und ganz zufrieden ist.“


Emma: „Aber ich bin trotzdem so traurig.“


Jona: „Ich auch.“


Mama: „Mir geht es auch so. Ich vermisse ihn genauso wie ihr. Und deshalb ist es auch ganz in Ordnung, wenn wir weinen. Wir können Papa nicht mehr sehen, nicht mehr berühren und nicht mehr umarmen. Aber ich glaube fest daran, dass Papa jetzt an einem schönen Ort ist. Es ist gut, wenn wir an Papa denken und über ihn sprechen. Immer wenn ihr wollt, könnt ihr zu mir kommen. Immer.“


Die Mutter drückt ihre beiden Kinder fest. Tränen laufen ihr über die Wangen.



TRAUER IN DER JUGEND

Auch die Trauer von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist von erheblicher Intensität. In einer Zeit, die ohnehin durch körperliche Veränderungen und Gefühlschaos bestimmt ist, bedeutet der Tod einer nahen Bezugsperson eine grundlegende seelische Belastung. Der Ausdruck von Trauergefühlen fällt gerade Jungen eher schwer. Bei manchen Jugendlichen verstärkt die Trauersituation bereits bestehende Gefühle der Sinn- und Hoffnungslosigkeit. Schuldgefühle sind ebenfalls häufig zu beobachten.


Wichtig in dieser Altersphase ist, dem Jugendlichen zu vermittelt, dass man als Elternteil da ist und ihn ernst nimmt in all seinen Empfindungen.


Der enttabuisierte Austausch über Trauergefühle, das Sterben an sich und was danach geschieht, beeinflussen den Trauerprozess von Jugendlichen maßgeblich. Religiöse Vorstellungen der Eltern werden in dieser Zeit eher abgelehnt.


Wie Studien belegen können aus einem unbewältigten Trauererleben aus der Jugend als Erwachsener depressive Episoden folgen. Somit ist besonders auf Kinder diesen Alters zu achten und auf Frühwarmzeichen direkt zu reagieren.



WAS IST DEIN WEG IN DER TRAUER?

Wenn Du im Trauerprozess auf der Stelle trittst, immer wieder schwere seelische Tiefs erlebst oder Dich in Trauerwellen gefangen fühlst, könnte es an der Zeit sein, Dir professionelle Hilfe zu suchen. Eine Psychotherapie oder Trauerbegleitung ist für viele Trauernde ein wichtiger Schritt. Aber nicht jeder geht ihn. Warum ist das so?


Manche Menschen trauen sich nicht recht, zu einem Psychologen zu gehen. Sie wollen kein Aufhebens um ihre Person machen oder sie haben Angst, von ihrem Umfeld als verrückt oder „nicht normal“ abgestempelt zu werden. Andere glauben, dass sie „stark“ sein müssen, und wenn sie sich nur zusammenreißen, wird es schon wieder gehen.


Mach diesen Fehler nicht. Ein Psychotherapeut ist in Deiner emotionalen Ausnahmesituation der richtige Ansprechpartner für Dich. Er kann Ihren geliebten Menschen nicht wieder lebendig machen. Aber er kann Ihnen helfen, den Weg zurück ins Leben zu finden.


Wann ist der richtige Zeitpunkt, um professionelle Hilfe zu suchen?

  • Wenn Du das Bedürfnis danach verspürst. Solltest Du Dich schon länger mit dem Gedanken tragen, einen Therapeuten oder Trauerbegleiter aufzusuchen, ist der richtige Zeitpunkt dafür jetzt gekommen.

  • Wenn Du keine Hilfe aus Deinem Umfeld erhältst oder wenn Du fühlst, dass die Unterstützung von Freunden und Verwandten nicht ausreicht.

  • Wenn Du glaubst, dass Du eine depressive Verstimmung entwickelst. Depressionen sind schwerwiegende psychische Erkrankungen. Sie können medizinisch behandelt und psychotherapeutisch begleitet werden.

  • Wenn Du schonmal über Selbstmord nachgedacht hast oder schon konkrete Pläne dazu hast.


Wann sollte man für Kinder/ Jugendliche eine Trauerbegleitung anregen?

  • Unverhältnismäßiges heftiges Weinen, häufige Wutausbrüche, starke Schuldgefühle

  • Trennungsängste

  • Verschlechterung der schulischen Leistungen

  • Fehlendes Interesse an Freunden und Aktivitäten

  • Alpträume und Schlafstörungen

  • Körperliche Beschwerden und Gewichtsverlust

  • Negative Gedanken über die Zukunft

  • Selbstwertprobleme


Als neutrale Person finden Trauerbegleiter leichter einen Zugang als nahestehende Personen. Eine Trauerbegleitung für Kinder kann in Form von Trauergruppen oder Einzelsitzungen erfolgen. Dabei kommt man besonders gut durch kreative Methoden in Kontakt und den versteckten Gefühlen der Kinder. Für Eltern kann es sehr entlastend sein, wenn sein Kind gut untergebracht ist. Zudem kann man mit seinem Kind zu Hause die gemeinsame Trauer bearbeiten.



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Hallo, ich bin Eleni Krautz.

Ich habe Wirtschaftspsychologie studiert und vor meinen beiden Kindern in der Personalabteilung gearbeitet. Durch den existenziellen Verlust meines Vaters vor über 15 Jahren, habe ich gemerkt wie hilfreich eine professionelle Unterstützung für mich damals war. Seitdem habe ich mich kontinuierlich weitergebildet und arbeite heute selbstständig in eigener Praxis in Wuppertal-Ronsdorf und online mit Menschen, die ebenfalls einen schweren Verlust erlitten haben. Dazu bin ich noch ehrenamtlich in der Telefonseelsorge tätig.


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